Sich vom Kreuz berühren lassen – Kreuzreliquie

Die katholische Kirche ist stolz auf seine jahrtausendalten Traditionen und Bräuche. Im Laufe der Zeit haben einige ihre Bedeutung verloren, andere können neu für die Gegenwart interpretiert werden. Die Verehrung des Kreuzes Jesu Christi stammt aus dem 4. Jahrhundert und soll nun einen Platz in der Josefskirche in Burglengenfeld finden.

Mittelalterliche Menschen lebten ihren Glauben auf eine sehr sinnliche Art und Weise aus. Es galt das Heilige zu sehen und zu berühren. Unter dem Einfluss der Reformation wurde in den deutschen Landen die Sinnlichkeit des Glaubens durch Rationalität verdrängt. Jetzt entdeckt man wieder, dass der Glaube an Gott durchaus sinnlich ist. Das Licht und der Duft einer entzündeten Kerze unterstreichen ein Bittgebet, das in einer Kirche gesprochen wird. Weihwasser lässt uns erfahren, dass wir in der Taufe in die Liebe Gottes eingetaucht wurden.

Die uralte Verehrung des Kreuzes Jesu Christi, die im Mittelalter ihren Höhepunkt erreichte, reiht sich ein in die Tradition sinnlicher Glaubenserfahrung. Die Sehnsucht gläubiger Menschen, sich vom Kreuz Christi berühren zu lassen, führte zu Tradition der Kreuzreliquien oder Kreuzpartikel. Eines dieser Reliquien hat nun sein neues Zuhause in der Josefkirche zu Burglengenfeld gefunden.

Hierbei handelt es sich um zwei ca. 2-3 Millimeter große Holzspreißel, die in einer verschweißten Kapsel zu einem kleinen Kreuz drapiert wurden. Die Kapsel wiederum ist eingearbeitet in ein ca. 24 cm großes Metallkreuz, das Ende des 19. Jahrhunderts in Abensberg angefertigt wurde. Kreuz und Kapsel sind eine Leihgabe des Caritas-Diözesanverbandes, der an diese durch eine Kapellenauflösung gekommen ist. Domkapitular Michael Dreßel übergab das Kreuz als Dauerleihgabe an seinen Kurskollegen Dekan Michael Hirmer.

Bei näherer Untersuchung des Kreuzreliquars stellte sich heraus, dass in dessen Fuß eine in Latein verfasste bischöfliche Urkunde eingeschlossen war. Gymnasiallehrer Dr. Bernhard Paul übersetzte diese. In ihr bestätigt im Jahr 1880 Bischof Johannes Baptista Scalabrini die Echtheit der Kreuzsplitter, die in die Kapsel eingearbeitet wurden. Wie sich durch die weiteren Nachforschungen von Dr. Paul herausstellte, war Johannes Baptista Scalabrini (+ 1905) Bischof von Piacenza und hat sich sehr für die italienische Auswandererseelsorge in den USA verdient gemacht. Er wurde deshalb 2022 von Papst Franziskus heiliggesprochen. Nach der Tradition der katholischen Kirche gilt die Urkunde nun selbst als eine Berührungsreliquie.

Im liturgischen Gebrauch werden Kreuzpartikel bis heute beim sogenannten „Wettersegen“ verwendet. Wie der Name schon sagt, wird von Christi Himmelfahrt bis zum Fest Kreuzerhöhung (14. September) für gutes Wachstum und eine gute Ernte gebetet. In unsere Zeit übersetzt betet die katholische Kirche um Erhalt und nachhaltige Nutzung der Schöpfung zum Wohle aller Menschen. Neben dieser Verwendung sollen in der Josefskirche einmal jährlich die Gläubigen einzeln durch Auflegung des Kreuzsplitters gesegnet werden. Dabei wird vor allem um Gesundheit und ein zufriedenes Leben gebetet.

Eine solche Einzelsegnung fand am 05. April am Ende der Vorabendmesse statt. Alle Gottesdienstbesucher traten zum Altar und sprachen ihren Segenwunsch aus. Pfarrer Michael Hirmer legte jedem Einzelnen die Kreuzreliquie auf die Stirn und fasste den Segenswunsch jedes Gläubigen in Worten.

Die Fotos zeigen Pfarrgemeinderatsvorsitzende Edith Fischer, Kirchenpfleger Hubert Fleischmann, Mesner Martin Priol und Dekan Michael Hirmer.

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